Gicht

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Stellen Sie sich vor, Sie wachen mitten in der Nacht mit unerträglichen Schmerzen in der Grosszehe auf. Es ist, wie wenn ein Kobolt an ihrer Zehe knabbert. Nicht einmal ihr Leintuch können Sie auf der Zehe ertragen. So fühlt sich ein typischer erster Gichtschub an.

James Gillray, 14.05.1799. British Museum, London

Ursachen der Gicht

  • Gicht ist eine Gelenkentzündung, die durch zu hohe Harnsäurewerte (Hyperurikämie) im Blut verursacht wird. Harnsäure entsteht beim Abbau von Purinen, die in vielen Lebensmitteln vorkommen. Wenn die Harnsäurewerte im Blut lang andauernd erhöht sind, kommt es oft zu einer Ansammlung von Harnsäurekristallen in den Gelenken. Die scharfkantigen Harnsäurekristalle reizen die Gelenke und bewirken die Schmerzen.
  • Harnsäurekristall-Ablagerungen können auch ausserhalb Gelenke entstehen. Solche Ablagerungen in der Haut werden Gichtknoten oder Tophi genannt. Tophi sind schmerzlos. Die Anzahl und die Grösse der Tophi korrelieren mit dem Ausmass der Gichterkrankung. Wenn eine lang andauernde Normalisierung der Harnsäurewerte durch medizinische Massnahmen erreicht wird, stellt man oft auch eine deutliche Verkleinerung der Tophi fest.
  • Normalerweise wird die Harnsäure ausreichend durch die Nieren ausgeschieden, aber bei Menschen mit Gicht ist dieser Prozess beeinträchtigt. Dies beruht auf vererbten Anlagen und wird durch ungesunde Lebensweise verschlimmert.
  • Etwa 75% der Gicht-Patienten leiden auch an einem Metabolischen Syndrom mit Übergewicht/Adipositas, Bluthochdruck, Störung des Blutzuckerstoffwechsels und erhöhten Blutfetten. Die Niereninsuffizienz kann ebenfalls eine Gicht auslösen, denn die Harnsäure wird über die Nieren im Urin ausgeschieden.
  • Viele Menschen mit erhöhten Harnsäurewerten im Blut erleiden nie einen Gichtschub. Die ärztliche Behandlung erhöhter Harnsäurewerte beginnt in der Regel erst, wenn mindestens zwei Gichtschübe innerhalb eines Jahres eingetreten sind.

Wie häufig ist die Gicht?

Menschen mit Überwichtig erkranken häufiger an der Gicht als Menschen mit Normalgewicht. Männer sind viel häufiger betroffen als Frauen. Etwa 80% der Gicht-Patienten sind Männer, nur etwa 20% sind Frauen. Etwa 3% der Männer über 65 Jahre leiden an Gicht. Bei Männern über 40 Jahren ist die Gicht die häufigste entzündliche Rheumaerkrankung.

Klinische Symptome

Starke Gelenkschmerzen: Ein Gichtschub beginnt mit plötzlich auftretenden, sehr starken Schmerzen in Gelenken.

Schwellung und Rötung: Das Gelenk ist geschwollen, heiss und gerötet.

Dauer der Anfälle: Ein Gichtanfall kann einige Stunden bis mehrere Tage dauern. Wenn die Krankheit nicht ausreichend behandelt wird, kann sie in eine chronische Form übergehen.

Betroffene Gelenke: Obwohl die grosse Zehe am häufigsten betroffen ist, kann Gicht auch andere Gelenke wie die Knie, Hand- und Fingergelenke und Ellbogen befallen. Häufig ist nur ein Gelenk entzündet. Es kommt jedoch auch vor, dass zahlreiche Gelenke gleichzeitig entzündet sind.

Gelenkschäden: Wenn Gichtschübe immer wieder auftreten, könne schwere knöcherne Schäden an den betroffenen Gelenken entstehen, die irreversibel sind.

Diese Entwicklung kann durch eine adäquate Langzeitbehandlung vorgebeugt werden.

Behandlung der Gicht

  • Anwendungen: Im akuten Schub sollten betroffene Gelenke möglichst wenig bewegt werden. Kalte Umschläge oder ein Eiswickel lindern oft die Schwellung und Schmerzen. Aber Vorsicht! Legen Sie den Eiswickel nicht direkt auf die Haut, sondern verwenden Sie ein Tuch dazwischen, um die Haut zu schützen. Bei Gicht im Grosszehengelenk helfen kalte Fussbäder sowie den Fuss hochzulagern.
  • Gelenkinfiltrationen: Eine Fachärztin für Rheumaerkrankungen kann ein Gelenk im akuten Gichtschub spritzen mit ein wenig Cortison und einem Lokalanästhetikum. Damit verschwinden die Schmerzen meist schlagartig.
  • Entzündungshemmende Schmerzmittel (wie Ibuprofen*, Naproxen* oder Diclofenac*) werden zur Linderung eines akuten Gichtschubs kurzfristig eingesetzt.
  • Colchicin* (COLCTAB®) wird seit Jahrhunderten bei Gichtschüben eingesetzt. Der Wirkstoff wird aus dem Samen der Heilpflanze Herbstzeitlose gewonnen. Colchicin kann zur Behandlung eines akuten Gichtsschubs wie auch zur Vorbeugung erneuter Gichtschübe langfristig eingesetzt werden.
  • Wenn entzündungshemmende Schmerzmittel* oder Colchicin* ungenügend wirken, können auch Tabletten mit «Cortison»* kurzfristig eingesetzt werden.
  • Langzeitbehandlung: Die Langzeitbehandlung der Gicht dient der Vorbeugung weiterer Gichtschübe. Sie wird meist begonnen, wenn zwei oder mehr Gichtschübe pro Jahr auftreten. In der Regel muss eine Langzeitbehandlung mehrere Jahre lang durchgeführt werden, damit es nach dem Absetzen nicht zu erneuten Gichtschüben kommt. Medikamente mit Allopurinol* oder Febuxostat* (ADENURIC®) hemmen den Abbau von Purin zur Harnsäure und senken so die Harnsäurewerte im Blut. Der Wirkstoff Probenecid* (SANTURIL®) fördert die Ausscheidung der Harnsäure im Blut. Aber Achtung: im akuten Gichtschub dürfen alle drei Wirkstoffe Allopurinol*, Febuxostat* und Probenecid* nicht begonnen werden, sondern frühestens zwei Wochen nachdem der Schub vollständig abgeklungen ist. Wenn diese Wirkstoffe zu früh eingesetzt werden, können sie gelegentlich einen erneuten Gichtschub auslösen.

Vorbeugung

  • Wichtig ist den Konsum alkoholischer Getränke zu vermindern, besonders von Bier und Schnäpsen. Alkohol hemmt den Abbau von Harnsäure in den Nieren.
  • Bei Männern führt ein Viertel Liter Wein (250 ml) pro Tag und für Frauen ein Achtel Liter Wein (125 ml) täglich nicht zu vermehrten Gichtschüben. Wein sollte allerdings nicht jeden Tag getrunken werden.
  • Dagegen erhöhen zwei Gläser Bier pro Tag das Risiko eines Gichtanfalls um 200%. Sogar alkoholfreies Bier löst vermehrte Gichtschübe aus. Die im Bier enthaltene Hefe ist besonders purinreich. Alkoholfreies Bier enthält ebenso viel Purine wie Bier mit Alkohol.
  • Innereien wie Leber und Nieren sollten Gicht-Betroffene nicht konsumieren, diese sind besonders purinreich. Lebensmitteln wie rotes Fleisch, Wurstwaren und Meeresfrüchte sollten nur im geringen Mass konsumiert werden.
  • Der Konsum von Fruchtzucker (Fructose) erhöht die Harnsäurewerte im Blut. Menschen, die an Gicht leiden, sollten Getränke vermeiden, die mit Zucker, Saccharose oder Fructose gesüsst sind. Dazu gehören neben den Softdrinks auch Fruchtsäfte wie Süssmost, Orangensaft, süsse Obst-Smoothies und Multivitaminsäfte.
  • Durch vermehrten Konsum von Milchprodukten kann die Häufigkeit von Gichtschüben vermindert werden, denn dadurch werden die Harnsäurewerte im Blut gesenkt. Besonders geeignet sind fettreduzierte Milchprodukte.
  • Kaffee senkt die Harnsäurewerte im Blut und wirkt sich günstig auf das Gicht-Risiko aus.
  • Bei Übergewicht oder Adipositas kann eine Gewichtsreduktion das Gicht-Risiko senken. Die Gewichtsabnahme sollte jedoch nicht zu schnell erfolgen. Fastenkuren oder Crashdiäten können den Harnsäurespiegel kurzfristig erhöhen und dadurch Gichtschübe auslösen.

*: Medikament mit Kosten einer üblichen Tagesdosis unter 5 Franken.

**: Medikament mit Kosten einer üblichen Tagesdosis zwischen 5 bis 10 Franken.

***: Medikament mit Kosten einer über Tagesdosis über 10 Franken.

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Information der Rheumaliga zu Gelenkschmerzen

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